Meine berufliche Laufbahn war nicht unbedingt immer geradlinig und brachte mich dazu viel auszuprobieren. Doch erst das Besinnen auf die Vorbilder meiner Kindheit, das Erkennen eigener Stärken und das Herausfinden meines inneren Antriebs führten mich auf den richtigen Weg. Ihre Berufung half mir meine zu finden. Ohne starke Vorbilder wäre ich nicht so weit gekommen.
Von Vorbildern lernen wir soziales Miteinander, praktische Fähigkeiten wie unsere Muttersprache oder den Umgang mit Messer und Gabel, von ihnen schauen wir unser Verhalten ab, kopieren sie und testen Grenzen aus. Später beeinflussen uns Leitbilder unterbewusst und bewusst bei der Berufswahl. Wir kopieren sie, distanzieren uns von ihnen oder eifern ihnen nach.
Als Kind können wir uns unsere Vorbilder noch nicht so aussuchen wie später. Aber wir sind von klein auf umgeben von ihnen, wir finden sie in nahen Bezugspersonen wie Spielkamerad*innen, Lehrer*innen, Bekannten der Familie, Geschwistern und vor allem auch unseren Eltern.
Nicht nur Menschen in unserem Umfeld spielen dabei eine Rolle, sondern auch nicht mittelbar mit uns verbundene Personen. Charaktere und Geschichten aus Büchern und Filmen, das Zeitgeschehen, Personen des öffentlichen Lebens und gesellschaftliche Zusammenhänge, prägen uns und unsere Vorstellung von der Welt.
Diese Weltsicht führt letztendlich dazu, wie wir unseren Platz in ebendieser definieren, wo wir uns einordnen, wie wir unser Leben verbringen. Traue ich mir diese berufliche Laufbahn zu? Entspricht ein Leben mit Partner*in, Haus und Kind meinen Vorstellungen? Sehe ich mich als Digital Nomad in einem Co-Working-Space auf Madeira oder steige ich in das Unternehmen meiner Familie ein?
Mein erster Berufswunsch „Schriftsteller*in“, angeregt durch Astrid Lindgren, kam mir in den Sinn. Ich begriff, dass ich als 8-Jährige gar nicht einschätzen hatte können, was den Beruf ausmachte, über das Schreiben an sich dachte ich eigentlich gar nicht nach. Aber ich erkannte die tiefere Wahrheit: Ich wollte fühlen und erschaffen, was Astrid erschaffen konnte. Geben was sie uns gegeben hat. Sich angenommen und akzeptiert fühlen. Und dieses Gefühl in der Welt zu verstärken, wurde zu meinem neuen Antrieb: Eine Möglichkeit schaffen, die kindliche Astrid-Welt ins Erwachsenen-Dasein zu übertragen. Ich glaube fest daran, dass, wenn wir den Sinn unseres Lebens gefunden haben und unsere Berufung leben, wir eine tiefe Zufriedenheit und Erfüllung spüren. Der Weg dorthin ist steinig. Es liegen kleine und große Steine im Weg. Manche davon befinden sich in uns und andere im Außen. Noch immer existiert Diskriminierung, Einstellungs-Entscheidungen werden nicht objektiv getroffen, das System erschwert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Care-Arbeit bleibt nach wie vor häufig an den Frauen* hängen und die Gender-Pay-Gap – das geschlechterspezifische Lohngefälle – ist in Deutschland vergleichsweise hoch.
Erschwerend kommen die inneren Barrieren hinzu. Es fehlt manchmal der Glaube an sich selbst, die eigene Berufung ist noch nicht gefunden und so beugt man sich eher den Erwartungen von Außen. Wären wir mehr von Beispielen umgeben, die Beruf und Familie nicht im klassischen Sinn verkörpern, aber vereinen; Frauen* und diverse Personen in Führungspositionen oder an einem Punkt in ihrer selbstdefinierten Karriere, die sie glücklich macht; so würden wir diesen Weg erst gar nicht als so steinig wahrnehmen. Andere vor uns haben es ja schließlich auch geschafft. Die Identifikation mit nicht nur einer, sondern mehreren Persönlichkeiten oder sogar einem Kollektiv könnte uns den Mut geben, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und nach unseren Vorstellungen zu gestalten.
Wir können von ihnen lernen, den Vorbildern. Nicht nur Fähigkeiten und Wissen, sondern auch über uns. Indem wir uns Vorbilder suchen und herausfinden, was uns an ihnen fasziniert, können wir unsere Wünsche und Träume besser formulieren und zum Kern unseres Selbst vordringen. Über Vorbilder können wir uns bewusst machen, wer wir sein und wie wir leben wollen.
Sich diese oder ähnliche Fragen zu stellen und überlegen, wer ein Vorbild sein könnte, kann einen großen Effekt auf unser Leben haben. Sie helfen uns zu verstehen, was uns wichtig ist und darum wiederum, wie wir wirken möchten in unserem Leben. Möchte ich Neues entdecken, Wege beschreiten, die noch keiner ging? Kann ich mir vorstellen in der Gesellschaft zu wirken oder künstlerisch einen Ausdruck für meine Gedanken und mein Innerstes zu finden? Oder bin ich eher der Typ, der mit seinen Fähigkeiten andere leitet oder sich für die Umwelt einsetzt? Umgeben uns viele Vorbilder und Held*innen in unserem Leben, sehen wir aufgrund ihrer Lebenswege auch Möglichkeiten für uns selbst. Mit ihrer Geschichte können wir uns identifizieren und unterstützt uns dabei, den eigenen Weg zu gehen und selbst zum Vorbild zu werden.