Kleine Sammler*innen: Eine Welt voller Schätze

Es beginnt im Kleinkindalter mit gefühlt Tausenden von Steinchen, Laubblättern und Schneckenhäusern in sämtlichen Taschen. Kinder lieben das Sammeln. Mit dem Alter verändert sich das Vorgehen: Es werden Sticker gesammelt, Tonies, besondere Kuscheltiere oder was die Trends eben gerade so diktieren. Woher kommt diese – scheinbar angeborene – Sammelleidenschaft? Und was bewirkt dieses Anhäufen von kleinen Schätzen?

Inhalt

Leidenschaftlich neugierig

Wer mit kleinen Kindern zusammenlebt, kennt das Phänomen der stets vollen Jackentaschen. Ab dem Kleinkindalter wird – noch ganz unsystematisch – mitgenommen, was am Wegesrand liegt und neugierig macht. Die kleinen Schätze werden genauestens unter die Lupe genommen. Aber spätestens daheim gilt es dann abzuwägen, ob der hundertste Tannenzapfen wirklich aufgehoben werden muss oder wieder in die Freiheit entlassen werden darf.

Wenn die Kinder älter werden, beginnt das Sammeln mit System. Es werden bestimmte Produkte gesammelt – von der Ü-Ei Figur bis hin zur Briefmarke – und teilweise auch mit anderen Kindern getauscht, es wird auf Vollständigkeit oder Masse hin gesammelt. Oft hält dann auch das Sammeln kommerzieller Dinge Einzug.

Kinder sind „Sachensucher“, das wusste schon Pippi Langstrumpf. Für uns Erziehungsberechtigte kann die Sammelwut der kleinen und großen Kinder schnell zeit- und platzintensiv (und im dümmsten Falle auch kostenintensiv) werden. Ein Spaziergang durch den Wald wird zur Schatzsuche, der Streifzug über den Flohmarkt ebenso. Es ist schön, die Neugier und Leidenschaft der Kinder zu beobachten, fordert aber oft auch viel Geduld. Und es stellt sich unweigerlich die Frage, woher dieses scheinbar angeborene Bedürfnis nach dem Sammeln kommt und welchen Nutzen die Kinder daraus ziehen. Aber auch, wie man als Erwachsener angemessen mit der Sammelfreude der Kinder umgeht.

Warum sammeln Kinder?

Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Universität Gießen entstand das Buch  „Wenn Kinder sammeln. Begegnungen in der Welt der Dinge“.  Erziehungswissenschaftler Prof. Ludwig Duncker, Autor des Buchs, hat mit mehr als 800 Kindern über ihre Sammlungen gesprochen. Er sagt, durch die intensive Auseinandersetzung werden Geduld und Konzentrationsfähigkeit der Kinder gefördert; sie erlernen Unterscheiden und Kategorisieren (1). All das nutzt der Lernfähigkeit im Schulalter.

Das Kind entscheidet selbst, was gefällt und durch das Äußere die Neugierde weckt. Das macht das Sammeln zu einer ästhetischen Beschäftigung, die zusätzlich die Kreativität fördert.

Kinderpsychologin Simone Fröch (https://www.simone-froech.at/) (2) erklärt außerdem, dass Kinder durch Sammeln die Welt erfahren, kleine Stücke der Welt neugierig mit nach Hause nehmen und sich mit ihr vertraut machen. Die eigene Welt wird dadurch größer, teilweise wird sogar Fachwissen angehäuft, das das Wissen der Eltern (weit) übersteigt. Die intrinsische Motivation, sich mit etwas auseinanderzusetzen, ist die ideale Voraussetzung für nachhaltiges Lernen.

Ideen für die Praxis: Waldpiraten auf Schatzsuche

Wie also am Besten mit der Sammellust der Kleinen umgehen? Eine Idee für die spielerische Unterstützung liefern Jana und Patrick Heck in ihrem Buch „Ausgebüxt!“. Unter dem Titel „Waldschätze finden“ (vgl. S. 223) (3) ermuntern sie dazu, mit den kleinen Sammler*innen (ab 2 Jahren) als Waldpiraten auf die Suche nach den Schätzen der Natur zu gehen. Viel braucht es für dieses Spiel nicht: die ein oder andere Tupperdose und einen Jutebeutel, in einem Eierkarton bekommt jedes Fundstück seinen eigenen, sicheren Platz. Und wer den kleinen Waldpiraten einen richtig großen Gefallen tun will, bringt noch Notizbuch und Stift und eine Becherlupe (ein tolles Geburtstagsgeschenk!) mit – denn Kinder lieben Ausrüstung.

Ihr werdet sicher viele tolle Schätze finden: hübsche Steinchen, bunte Federn, Schneckenhäuser. Wenn die Kinder noch ein wenig Anleitung brauchen, können auch Listen mit Schätzen erstellt werden, die sie sammeln sollen (zum Beispiel:„etwas Spitzes“ oder „etwas Rotes“).

Die – im wahrsten Sinne des Wortes – gesammelten Werke kommen gut verpackt mit nach Hause, wo ihr gemeinsam eine kleine Ausstellung veranstalten könnt, um die Funde zu bestaunen. Ein Bestimmungsbuch für Pflanzen macht es noch spannender.

Aber Achtung: Besser keine Pilze und Beeren sammeln – diese können giftig sein.

Ideen für die Praxis: Aufbewahrung und Kategorisierung

Auch Eltern.de (4) hat sich umfassend mit Hobby Nummer Eins von kleinen und großen Kindern auseinandergesetzt und Tipps zusammengetragen, wie die kleinen Schätze verwahrt werden können. Zunächst einmal sollten Sammeleien aus der Natur nicht einfach achtlos liegen gelassen werden: Mineralien vorsichtig reinigen; Pflanzen noch am selben Tag trocknen und pressen, die Schätze mit Fundort und -datum versehen. Auch auf Hygiene muss geachtet werden!

Nun: Wohin mit alledem? Kleine Sammler*innen benötigen (je nach Sammelobjekt) Kisten, Dosen, Gläser in unterschiedlichen Größen. Praktisch sind Werkzeugkoffer, denn darin können die Fundstücke kategorisiert und transportiert werden. Um die gesammelten Stücke zu präsentieren bieten sich verschiedene Möglichkeiten an: Mineralien und kleine Figuren passen in Setzkästen oder (selbstgebastelte) Schaukästen; getrocknete Pflanzen gehören in ein Pflanzensammelbuch; Papierprodukte (Postkarten, Briefmarken usw.) können schön in Alben aufbewahrt werden oder an einer durchs Zimmer gespannten Schnur präsentiert werden; Einmachgläser sind auch immer eine gute Idee – etwa für Muscheln oder Murmeln.

Sanft Grenzen setzen

Fröch betont jedoch, dass dem Sammeln auch sanft Grenzen gesetzt werden sollte (3). Beim Sammeln von Naturmaterialien sollte nur so viel mitgenommen werden, wie das Kind selbst transportieren kann, verwahrt werden darf nur so viel, wie die Aufbewahrungsmöglichkeit hergibt. Wenn Kinder uneingeschränkt anhäufen dürfen, geraten sie unter Stress – durch Grenzen lernen sie zu priorisieren. Wichtig ist aber auch: Auf keinen Fall hinter dem Rücken der Sammler*innen Schätze entsorgen, das verletzt das Vertrauen! Die Schätze sollten ernst genommen werden, denn sie haben durchaus emotionalen Wert.

Das Schöne im Kleinen sehen

Die Natur als Lernraum betrachten, die kindliche Sammelwut und Neugier schätzen: Auch wenn es manchmal einiges an Geduld erfordert, so hat das Sammeln doch einen unschätzbaren Wert für Kinder. Wir sollten die Schatzsuchenden (sofern sie uns nicht in den finanziellen Ruin treiben) unterstützen und fördern, uns vielleicht auch die ein oder andere Scheibe abschneiden und im Kleinen das Schöne entdecken. Und – um Himmels Willen – bloß keine Erwachsenen-Kategorien aufzwängen…

  1. Ludwig Duncker, Katharina Hahn, Corinna Heyd:  „Wenn Kinder sammeln. Begegnungen in der Welt der Dinge“
  2. https://www.simone-froech.at/
  3. Jana und Patrick Heck „Ausgebüxt!“
  4. https://www.eltern.de/schulkind/freizeit-und-hobbys/hobby-sammeln.html
  5. https://www.familiii.at/kleine-sammler-grosse-schaetze/

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Als Gründerin von Lore & Belle glaube ich an die Kraft von Geschichten und Held*innen, die uns als Persönlichkeit stärken und als Wegweiser für unser eigenes Leben dienen können. Unsere Schnittmuster können den Zugang zu starken Vorbildern und deren Geschichten erleichtern. Lass dich inspirieren und schreib' deine Geschichte selbst!
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